Es war eine besondere Premiere: Eine lehrreiche Wanderfahrt auf der Donau im ganz großen Mannschaftsboot – in einer Barke mit zehn Rollsitzen. Die Teilnehmer kamen aus mehreren Ruderclubs des Bayerischen Ruderverbandes - von A wie Aschaffenburg (also „Flussruderer“) bis T Tutzing („Seefahrer"). Ihr gemeinsames Ziel: Die Ausbildung zum DRV-Fahrtenleiter oder die Verlängerung Trainer C-Lizenz Breitensport. Bei dieser Premiere vom 13. bis 18 Juni führte Ludwig Martin Büttner Regie, der BRV-Referent für Wanderrudern, Ruderreviere und Umwelt (Miltenberger Ruder-Club), flankiert von Silke Hohagen (Ruderclub Wilde Woge Schondorf), die BRV-Referentin für Gesundheitssport und Präventionstrainerin.
Das Konzept war sehr praxisnah: gemeinsames Rudern, Kommandos geben, Steuern und Manövrieren auf der Donau und dabei das Wesentliche durch eigenes Erleben und Tun erfahren. Keine Schulmeisterei, aber auch kein Verzicht auf Theorie-Sitzungen und Pflichtlektüre. Die Donau-Abschnitte waren dafür denkbar gut gewählt: Mit ruhigem Fahrwasser fing es an, und der Anspruch an die Fahrtenleitung stieg sukzessive ... bis hin zum Kontakt mit Schubverbänden und dem Passieren großer Schleusen.
In Neuburg an der Donau ließen wir die Barke zu Wasser. Alle Aufmerksamkeit galt dem neuen Bootstyp und der unbekannten Mannschaft auf fremdem Gewässer. Die Teilnehmer waren gleich von Beginn an auf sich gestellt, da der Lehrgangsleiter den Bootsanhänger zum Zielort der Mehrtagestour brachte. Drei Schleusen waren im Handbetrieb zu bewältigen, das Boot mit Haken - und zur Sicherheit auch Leinen - auszurichten und „durchzuschleusen“. Eine große Achtsamkeit in der zusammengewürfelten Mannschaft und der unvoreingenommene Umgang mit den Elementen hat uns die ersten Herausforderungen erfolgreich meistern lassen.
Am Ende des langen Rudertages wurde es am Anlegeplatz Vohburg unmittelbar hinter einer Brücke allerdings kurzzeitig aufregend. Die Strömungsverhältnisse waren schwer einzuschätzen: Der erste halbherzige Landeversuch misslang, so dass die Barke in Richtung spitzes Ufergestein trieb. Da war schnelles Handeln angesagt und der Lehrgangsleiter übernahm geschwind selbst das Steuer.
Am nächsten Tag auf der Fahrt von Vohburg bis Kelheim hatten wir weitere Gelegenheit, das Anlanden in Richtung stromauf zu üben. Schleusen gab es auf dieser Wegstrecke nun keine mehr, aber Gierfähren, die sich an einem Seil hängend von einem Ufer zum anderen bewegen.
Insgesamt war der Flussabschnitt nun schon belebter: es gab Wasserskifahrer und Wellen der schnell fahrenden Motorboote. Im weiteren Verkauf hatten wir es mit der Personenschifffahrt zu tun. Doch wir gelangten bald zum Liegeplatz des alten Ludwig-Donau-Main Kanals, wo die Barke im Quakgesang der Frösche bis zum Folgetag warten konnte. Vor dem Abendessen stand eine Stunde Theorie auf dem Programm und auch nach dem Essen musste es weitergehen mit der DRV Broschüre "Sicher Rudern".
Für das körperliche Wohl und seelische Gleichgewicht sorgte Silke Hohagen mit ihrem jederzeit zur Situation passenden Dehnungs- und Entspannungsprogramm. Strecken, Drehen, Schulterbereich weiten, Hüfte öffnen und schließen. Alles Gegenbewegungen zu unserer geschlossenen, stabilen Haltung beim Rudern, allesamt Übungen, die man in den (Ruder-)Alltag integrieren kann.
Die Weiterfahrt ging im Folgenden mit einem Ortswechsel einher. In Bad Abbach wurde ein Schubverband mit 175 m Länge vor uns geschleust, was uns eine unverhoffte Mittagspause am Schleusenrand bescherte. Ebenso unverhofft, zumindest gar nicht erhofft, ereilte uns ein Stück weiter flussabwärts, ein Platzregen mit entferntem Gewittergrollen.
Der Steg des Regensburger Rudervereine war das Tagesziel. Im Hotel erfolgte die Lernzielkontrolle. Das Kreuzchen setzen in den Prüfungsfragebögen für Steuer- und Obleute ist das eine. Das andere ist das Gefühl der Bereicherung durch das Praktizieren, das eigene Erleben und die Mannschaftserfahrung.
Es war ein voller Erfolg!
Auch Ludwig Martin Büttner ist zufrieden, der diese großartige Lehrfahrt vorbereitet hat: „Ich bin dankbar und froh, dass sich die Mühe gelohnt hat. Eine solche Truppe zu finden und über eine Woche im Motivationsstatus zu halten, hat mich "alten Hasen" doch überrascht. Ich bin mir sicher, bei allen Teilnehmern die Lust auf mehr Wanderrudern geweckt und Multiplikatoren für das Wanderrudern gefunden zu haben. Eine große Hilfe war mir Silke, die die recht trockenen und theoretischen Unterrichtseinheiten mit ihrem Talent zur humorvollen Gesundheitsvorsorge bereicherte.“
Text: Vera Bub (Münchener Ruder-Club von 1880 e. V.)
Fotos: Judith Heß (Tutzinger Ruderverein 1983 e.V.), Alexander Tewes (Rudern 2000 Neu-Ulm)
veröffentlicht am Donnerstag, 30. Juni 2022 um 14:29; erstellt von Bock, Willi
letzte Änderung: 30.06.22 14:35